Die Gießereibranche in Österreich umfasst 38 produzierende Gießereiunternehmen, die mit rund 7.000 Beschäftigen einen Umsatz von über 1 Milliarde Euro pro Jahr erzielen. Die Struktur der österreichischen Gießereiindustrie ist klein- und mittelbetrieblich ausgeprägt. Fast die Hälfte der insgesamt 38 österreichischen Gießereien haben weniger als 100 und nur 4 Gießereien beschäftigen mehr als 500 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
Die direkte und indirekte Exportquote liegt bei ca. 80 %. Abgesehen von einigen wenigen Fertigprodukten, wie Rohrleitungssysteme, Fittings, Walzen und Kanalguss, geht ein Großteil der Produkte in den Fahrzeugbereich. Gussprodukte aus Österreich genießen dank ihrer hohen Qualität und Zuverlässigkeit weltweit hohe Wertschätzung. Durch die freie Gestaltgebung und durch die Vielfalt in der Werkstoffanwendung zählt die Gießereiindustrie zu den innovativen Branchen mit großen Nachhaltigkeitseffekten (Leichtbau).
Wie aus dem jährlichen Bericht des europäischen Gießereiverbandes (CAEF) hervorgeht, steht Österreich, trotz Rückgang in 2019, im Vergleich sowohl Produktionsmenge und -wert betreffend, aber auch die Beschäftigtenanzahl betrachtend, noch sehr gut da. Diese im europäischen Vergleich gute Position von Österreich ist vor allem darauf zurückzuführen, dass alle Gießer für die Automobilindustrie gleichermaßen vom Rückgang betroffen oder aber als Nischenproduzenten (z. B. Walzenguss oder gegossene Rohre) tätig sind.
Ein Trend, der durch die Automobilindustrie ausgelöst wurde, ist der energie- und ressourcenschonende Leichtbau, der zunehmend zu komplexen dünnwandigen und multifunktionalen Geometrien führt. Verbunden mit modernen Simulationstechniken und Topologieoptimierung ist das Gießverfahren wie kein zweites Verfahren für diesen Trend geeignet. Dabei kommen sowohl Leichtmetallgusswerkstoffe aber auch hochfeste Eisen- und Stahlgusswerkstoffe zum Einsatz. In beiden Fällen sind sowohl die Produktionsprozesse zu optimieren und abzustimmen aber auch die Gusslegierungen hinsichtlich Steigerung der Leistungsfähigkeit zur Ausnutzung des Festigkeitspotenziales gezielt weiterzuentwickeln.
Ein weiterer allgemeiner Trend, der auch die Gießereiprozesse trifft, sind die Elektromobilität sowie die Digitalisierung bzw. zunehmende Automatisierung der Prozesse unter dem Stichwort Industrie 4.0. Eine der größten Herausforderung der Zukunft wird jedoch der Treibhauseffekt und die damit zusammenhängende Klimaerwärmung sein. Daher muss im Sinne der Nachhaltigkeit eine ganzheitliche Betrachtung und Reduktion des Energie- und Ressourceneinsatzes von den Herstellprozessen über den gesamten Lebenszyklus bis hin zum Recycling von Produkten erfolgen. Der Herstellprozess Gießen bietet wesentliche, noch nicht vollständig genutzte Potenziale, um bei geringstmöglichem Energie- und Ressourceneinsatz Gussteile zu produzieren. Die Umsetzung dieser Potenziale sind ein wesentlicher Beitrag für eine moderne umweltfreundliche Kreislaufwirtschaft und um das EU-Ziel im Green New Deal, die Treibhausgase bis 2050 auf null zu reduzieren, zu erreichen.
Die Gießereien sind als Berufsgruppe dem Fachverband der Metalltechnischen Industrie zugeordnet und betreiben als ordentliche Mitglieder des Vereins für praktische Gießereiforschung seit mehr als 60 Jahren das Österreichische Gießerei-Institut als außeruniversitäres kooperatives Forschungsinstitut.